Was macht den verfeinerten Birnenschnaps so fein?

Die zweite Verkostung – der Alte Williams-Christ von Prinz – ist durch. Und auch wenn unser Gesamteindruck eher gemischt ausgefallen ist, hebt er sich durch seine Verfeinerung von anderen Birnenschnäpsen deutlich ab. Anlass für uns noch einmal näher hinzuschauen, was den alten Willi so alt und edel macht.

Holz ist edler als Gold

Mundgeblasene Schnapsflaschen, die allein schon Kunstwerke sind, Birnenschnaps mit Blattgold und der Klassiker: die ganze Birne in der Flasche. Aus Sicht mancher Vertriebler:innen mag auch das als “Verfeinerung“ eines Birnenbrands zählen. 

Auch die ersten Treffer bei Ecosia beinhalten überwiegend Angebote zu solchen Schnäpsen und nur wenige Treffer mit richtigem Wissen um die Verfeinerung von Willi.

Im Folgenden also eine kurze Zusammenfassung der Methoden, die wir als die gängigsten drei zur Verfeinerung des Geschmacks identifiziert haben.

Doppelbrand (Roh- und Feinbrand)

Die erste Möglichkeit der Qualitätssteigerung setzt schon beim eigentlichen Brennprozess an. Die zweifache Destillation wird zwar vom Großteil der Produzent:innen angewandt, zählt aber dennoch als Verfeinerung, da die Methode nach wie vor optional ist. Die Abtrennung zwischen Rohbrand und Feinbrand als Ergebnis von zwei aufeinanderfolgenden Brennvorgängen bringt mehrere Vorteile mit sich. Bei der ersten Destillation kann das Püree langsam erhitzt werden, wodurch sich möglichst viele Aromastoffe lösen, ohne zerstört zu werden. Der so entstandene trübe Lutter enthält 20-30 % Alkohol. Auch der zweite Brennvorgang wird analog zum ersten schonend durchgeführt. Dabei wird der Brand weiter gereinigt und kann aufgrund des idealen Temperaturprofils sauber vom Vor- und Nachlauf abgetrennt werden.

Fruchtauszug

Diese Methode kommt nach dem Brennvorgang und noch vor der Lagerung zum Einsatz. Das Vorgehen ist dabei denkbar einfach. Man nimmt eine Teilmenge des frisch gebrannten Schnapses und legt sortengleiches Obst in diesen ein. Form des dabei verwendeten Obstes (Frisches Obst mit oder ohne Schale und Kerngehäuse bis hin zu Trockenobst) und auch die Dauer (wenige Tage bis mehrere Wochen) können dabei stark variieren und führen dementsprechend zu vielfältigen Geschmacksvariationen. Während dieser Lagerung entzieht der Alkohol dem Obst weitere Aromastoffe, was meist zu einer stärkeren Fruchtnote und Süße des Schnapses führt. Nach dem abschließenden Filtern oder Auspressen des Fruchtzusatzes ist der Alkoholgehalt ein wenig geringer als zuvor. Diese Reduzierung hat ebenfalls Einfluss auf den Geschmack des fertigen Brandes. Ein weiterer Effekt des Fruchtauszugs ist die goldgelbe Färbung des Destillats.

Lagermethode

Als letzte Verfeinerung wird der Birnenschnaps noch ein “alter”. Diese Methode hat viele verschiedene Bezeichnungen, die es auch für andere Hochprozentige gibt. Barrique, Zigarrenbrand, alter Brand oder eben einfach fassgereift. Denn um nichts anderes handelt es sich. Nach vorheriger Reifung und Lagerung in Steingut oder Edelstahl folgt die Verfeinerung im Holzfass. Auch hier gibt es viele verschiedene Ausprägungen der Methode, abhängig von Dauer, Volumen und Art des Fasses. Besonders die verwendeten Holzarten stellen hier einen großen Unterschied zur Reifung anderer Destillate dar. Während beispielsweise Whisky nur in Eichenfässern gereift werden darf, kommen bei Birnenschnaps auch Hölzer wie Kastanie, Akazie, Kirsche oder Apfel zum Einsatz.

Der grundlegende Ansatz bleibt aber der gleiche: Der Alkohol löst einerseits Geschmacksstoffe aus dem Holz und gibt gleichzeitig unerwünschte Bitterstoffe ab.

Am Ende erhält man einen milderen, aber auch komplexeren und dunkler eingefärbten Brand. Da die Holzfässer nicht komplett luftdicht sind, verliert der Schnaps auch während dieser Methode einen gewissen Alkoholanteil durch Verdunstung.

Ist edler auch gleich besser?

Das ist die wichtige Frage, die sich am Ende stellt: Ist also ein Birnenschnaps, der doppelt gebrannt wurde, einen Fruchtauszug hat und danach auch noch im Holzfass gelagert wurde automatisch besser als ein klarer Willi ohne Frucht und aus dem Stahltank? 

Wenig überraschend lässt sich das so pauschal natürlich nicht sagen, da es hier in erster Linie auf persönliche Präferenzen und auch auf das Setting des Konsums ankommt. Auf jeden Fall lässt sich aber sagen, dass besonders Birnenbrände mit Auszug und Fasslagerung meistens etwas komplexer und dadurch auch interessanter sind. Das Thema Verfeinerung ist deshalb also nichts, das man komplett links liegen lassen sollte und auch wir werden in Zukunft immer wieder verschiedene verfeinerte Birnenschnäpse verkosten.

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